FAULHEIT

Passivität, Anstrengungsvermeidung, Trägheit und Eintönigkeit sind Begriffe die die Eigenschaft der Faulheit umschreiben. Geht man von der Handlung aus, so beginnt die Faulheit mit einer Kalkulation wie groß der Aufwand für einen angestrebten Erfolg ist. Ziel der Faulheit ist es, mit einem geringst-möglichen Aufwand einen maximalen Zielerreichungsgrad, den Erfolg, zu realisieren. Unter Betrachtung der Aufwandskalkulation, die aus ökonomischen Überlegungen resultiert, ergeben sich unterschiedliche Möglichkeiten, die auf die Anstrengungsvermeidung wirken. Man vermeidet bewusst den Einsatz von Aktivität wenn die Erfolgswahrscheinlichkeit, trotz Anstrengung, als gering betrachtet wird, die Aufgabenstellung wegen ihrer Zufallsabhängigkeit nicht mit Bemühung zu lösen und Fähigkeitsdefizite nur durch Entwicklung von Ehrgeiz ausgeglichen werden kann. Faulheit ergibt sich, wenn eine Anstrengung als nicht nützlich angesehen wird. Vermeidet man die Bereitschaft zur Aktivität aus den Nützlichkeitsüberlegungen, so ist die Faulheit Ausdruck von Unzufriedenheit. Nur Motivation könnte dieser passiven Haltungskette entgegenwirken.

Die Gestaltung im Entwurf basiert auf der Masche. Die gestrickte textile Fläche charakterisiert die Faulheit und biete eine Vielzahl an Möglichkeiten Trägheit und Passivität auszudrücken. Was an Material zuviel ist, wird einfach zufällig wirkenden, jedoch gezielt gelegten Falten weggenommen, damit die Form erhalten bleibt. Die Bekleidung wirkt träge, hat Überlänge und ist besonders großzügig geschnitten. Zu lange Strickbahnen geben die Möglichkeit die Form des Kleides zu variieren. Die einfachen Strickbahnen werden um den Körper geschlungen und geben der Form nach. Dabei kann es vorkommen, dass unnötige Falten und Aufwerfungen entstehen oder dass bewusst auf den Saum des Kleides getreten wird. Verschiebt und verzieht sich ein Kleidungsstück, wenn eine passive Körperhaltung, wie zum Beispiel beim Sitzen, eingenommen wird, so zeigt die Schnittführung eine gezielte Nahtverlegung. Schulternähte rutschen bewusst nach vorne, Ärmel wirken verzogen und beginnen schon im Rumpf und nicht ab der Schulter. Halsausschnittformen verschieben sich asymmetrisch eingesetzte Ärmel, Keller- und Quetschfalten regulieren die Form. Zur Förderung der Motivation, um der eintönigen Faulheit entgegen zu wirken, stehen am Ende der Entwurfsreihen multiple Strickkleider, denen eine großzügige Form gegeben ist. Die Trägerin soll zur Fähigkeit motiviert werden, eigene Formen aktiv zu entwickeln. Gestaltungsmöglichkeiten sind die Variation von Längen, Funktionen (Ein Ärmel kann auch als Schal verwendet werden) und Schlupflöcher, die verschiedene Trageformen eigener Kreativität entstehen lassen. 

Das Kleid der Faulheit ist ein Multifunktionskleid. Zehn Öffnungen ermöglichen mehr als 100 Möglichkeiten das Kleid in verschiedensten Formen zu tragen. Dieser Aspekt wird durch dekonstruierte Silhouetten unterstrichen und findet einen neuen Ausdruck in der Bekleidung. Bei dem einfädigen Gestrick handelt es sich um RL mit 4 cm breitem Schlauchanfang, auf einer 12er Teilung. Fünf Ausschnittformen, jeweils 2 cm breit, für arme, Kopf und Beine mit 1/1 RR gerippt mit zwei zwei Langreihen eingefasst. Vier Schlupflöcher, jeweils 4 cm breit, ebenfalls für Kopf und Gliedmassen gedacht, sind angekettelte Bündchen 1/1 RR gerippt mit einer Langreihe. Die Großzügigkeit des Materials ermöglicht ein Verdrehen, das Kleid kann durch die Öffnungen und dem Schlupfloch an den Füßen fixiert werden. Bei dem Strickgarn handelt es sich um ein Gemisch aus Seide und Baumwolle. Der Trägheitsschuh aus weicher Kaschmirtuche unterstützt die Stimmung der Faulheit und wirkt verknautscht und aus der Form geraten.

Kontent und Fotos: Copyright bei Markus Ehrhard